Erfahrungsberichte

Schwerpunktbereich Strafverfahren und Strafverteidigung (Universität Bielefeld)

von Stud. iur. Malte Wietfeld (Universität Bielefeld)

1. Gründe zur Wahl dieses Schwerpunkbereichs

„Verteidigung ist Kampf, Kampf um die Rechte des Beschuldigten im Widerstreit mit den Organen des Staates, die dem Auftrag zur Verfolgung von Straftaten zu genügen haben.“

Mit diesem eindrucksvollen Satz leitete Prof. Dr. iur. Hans Dahs sein „Handbuch des Strafverteidigers“ ein. Gleichzeitig aber auch und das mag überraschen, bietet dieser Satz die Antwort auf die Frage, warum der an Strafrecht interessierte Jurastudent sich für die Wahl des Schwerpunktbereichs 9 (Strafprozessrecht / Strafverteidigung) entscheiden sollte.

Eine ganz überwiegende Zahl von Volljuristen schlägt in Deutschland den Berufsweg des Anwalts ein, ohne in seiner Ausbildung ausreichend darauf vorbereitet worden zu sein. Den Studierenden wird ihr Verständnis von Recht fast ausschließlich aus Richtersicht vermittelt. Auf den von Dahs beschriebenen Kampf, wird der Volljurist während seiner Ausbildung bisher nur unzureichend vorbereitet. Diesem Missstand möchte der Schwerpunktbereich 9 für das Strafrecht begegnen, indem er es sich, als einer der wenigen in Deutschland, zur Aufgabe gemacht hat, die wissenschaftlichen Aspekte der Strafverteidigung in den Mittelpunkt zu rücken.

Hierzu werden in den normalen Ablauf des Schwerpunkbereiches auch immer wieder Externe eingebunden, die den Studenten, sei es aus Sicht einer anderen Wissenschaft, oder aus Sicht eines Berufspraktikers, ihre Sicht auf die Strafverteidigung vermitteln.

Zu empfehlen ist die Wahl dieses Schwerpunkbereiches also jedem, der Strafrecht nicht nur als lästige Pflicht ansieht, sondern mit echtem Interesse verfolgt. Hier bietet sich die Chance, neben dem materiellen und formellen Strafrecht auch einmal über den juristischen Tellerrand hinauszublicken und das Strafrecht eingebettet in den Kontext von Psychologie, Ethik und Rhetorik zu betrachten.

Voraussetzung für das erfolgreiche Absolvieren sind solide Kenntnisse im materiellen Strafrecht, zumindest gefestigte Grundkenntnisse im Strafprozessrecht und ein echtes Interesse daran, warum Max Alsberg Recht hatte, wenn er schrieb, „den hochgemuten voreiligen Griff nach der Wahrheit hemmen, will der Kritizismus des Verteidigers“.

2. Ablauf des Schwerpunktbereiches

Der Schwerpunktbereich ist von seiner zeitlichen Konzeption gut in zwei Semestern absolvierbar, vorausgesetzt, dass man die bereits oben angesprochenen Vorkenntnisse im Strafrecht und Strafprozessrecht mitbringt.

Inhaltlich gliedert sich der Schwerpunkt in seiner Hauptsache in Veranstaltungen zum Strafprozessrecht, zum Wirtschaftsstrafrecht und zur Strafverteidigung auf, daneben werden verschiedene Schlüsselqualifikationen des Strafverteidigers praxisbezogen behandelt. Die Prüfungen im Schwerpunktbereich 9 stellen zumeist eine Mischung aus Falllösung und der Beantwortung spezieller Fragen dar.

Neben einer über die Vorlesungen hinausgehenden Auseinandersetzung mit dem Stoff, hat sich eine aktive Mitarbeit in den einzelnen Veranstaltungen bewährt.

Abschließend lässt sich feststellen, dass der Schwerpunktbereich 9 schon eine gewisse Bereitschaft zum interdisziplinären Denken erfordert. Ist diese Bereitschaft aber vorhanden, stellt dieser Schwerpunkbereich einen überaus interessanten und praxisrelevanten Abschluss der universitären Ausbildung dar.

Iuratio Ausgabe 11/2008

Erfahrungsbericht von Viola Scharbius (Universität Bielefeld)

Als ich mich für einen der an der Universität Bielefeld angebotenen Schwerpunktbereiche entscheiden musste, fiel meine Wahl schnell auf den Schwerpunktbereich 9, da ich mich während des ersten Abschnittes meines Jurastudiums gern mit dem Rechtsgebiet des Strafrechts beschäftigt habe und mehr über die Praxis des Strafverfahrens erfahren wollte.

Das Studium des Schwerpunktbereichs Strafverfahren und Strafverteidigung ermöglicht es den Studierenden, den materiell strafrechtlichen und strafprozessualen Pflichtfachstoff   zu vertiefen und zu ergänzen. Weiterhin wird die Möglichkeit eröffnet, bereits innerhalb der universitären Ausbildung über den „klassischen“ Bereich des Straf- und Strafprozessrechts hinaus besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, die insbesondere für Strafverteidiger von Bedeutung sind, zu erlangen. Dies erfolgt zum einen durch die Vorlesungen Methodik der Strafverteidigung, Recht und Theorie der Strafverteidigung sowie Soziologie und Psychologie des Strafverfahrens und zum anderen durch die Vermittlung anwaltsbezogener Schlüsselqualifikationen. Zu diesem Zweck rücken Anforderungen für und an Mandantengespräche, Plädoyers sowie die Befragung von Zeugen in den Mittelpunkt der Lehre.

Da das Studium des Schwerpunktbereichs 9 voraussetzt, dass sich die Studierenden in einem nicht nur unerheblichen Maße und Aufwand mit dem Strafrecht und speziell dem Strafverfahrensrechtauseinandersetzen, würde ich die Wahl dieses Schwerpunktbereichs insbesondere denjenigen empfehlen, die sich bereits in Grund- und Hauptstudium mit großem Interesse mit dem Straf- und Strafprozessrecht befasst haben und (vielleicht) auch mit dem Gedanken spielen, einen Beruf innerhalb der Strafrechtspflege zu ergreifen. Ich möchte jedoch auch darauf hinweisen, dass die Anforderungen, die an die Studierenden in Bezug auf ihre straf- und strafprozessualen Kenntnisse gestellt werden, nicht unterschätzt werden sollten – hinreichende Kenntnisse auf der Grundlage der angebotenen „regulären“ Vorlesungen nicht nur im Strafprozessrecht, sondern auch im Bereich des materiellen Strafrechts, erhöhen die Wahrscheinlichkeit, den Schwerpunktbereich erfolgreich in der dafür vorgesehenen Zeit abschließen zu können. 

Abschließend kann ich sagen, dass der Schwerpunktbereich Strafverfahren und Strafverteidigung aufgrund der Kombination der Vermittlung von rein straf- und strafprozessrechtlichen sowie fachübergreifenden und berufsbezogenen Kenntnissen eine für mich äußerst interessante und abwechslungsreiche Zeit meines bisherigen Jurastudiums dargestellt hat, von dessen praxisrelevanten Inhalten ich mich bereits jetzt bei studienbegleitenden Praktika überzeugen konnte. Würde ich erneut vor der Wahl stehen, würde ich mich nochmal für den Schwerpunktbereich Strafverfahren und Strafverteidigung entscheiden.

Der Bericht bezieht sich auf die persönliche Erfahrung der Verfasserin im Zeitraum WS 08/09 bis Januar 2010.

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