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Nassauische Burggespräche

 

Unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Kotulla, M.A. und der Schirmherrschaft von Frank Puchtler, Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, fanden am 4. Mai 2019 die zweiten Nassauischen Burggespräche auf der Burg Nassau statt.

Neben einem Vortrag von Prof. Dr. Michael Kotulla zu dem Thema „Die Nassauische Revolution 1848“ wird es kurze Impulse geben, die den Anwesenden ermöglichen, sich im Anschluss bei einem kleinen Buffet und einem Glas Lahnwein über das gehörte und den eigenen Zugang zur Nassauischen Geschichte auszutauschen.

 

© RZ Koblenz
Professor lässt Revolution in Nassau lebendig
werden
Michael Kotulla begeisterte das Publikum als Referent der zweiten
Burggespräche
Nassau. „Es ist gut zu wissen, woher man kommt.“ Das sagte Landrat Frank
Puchtler im Rittersaal der Burg Nassau zu den historisch interessierten Zuhörern
der 2. Nassauischen Burggespräche, deren Schirmherr er war. Die
Burggespräche wurden mit der Unterstützung der Stadt Nassau, der G. und I.
Leifheit Stiftung und der Nassauischen Sparkasse durchgeführt. Referent war
Michael Kotulla, Professor an der Fakultät für Rechtsgeschichte der Universität
Bielefeld, der über das Thema „Revolution in Nassau? – Das Herzogtum in den
Jahren 1848/49“ sprach.
„Schwefelt die Dachse aus!“ und „Kein Fürst, kein Graf, kein Edelmann soll mehr
existieren!“ soll die Menge vor dem Nassauer Schloss gerufen haben. Heftige
und rohe Gewalt gegen Sachen und Menschen, Brand und Blut – so stellt man
sich eine Revolution vor, die zum Umsturz der gesetzlichen Ordnung führt. Wie
es sich bei der Revolte im Herzogtum Nassau mit massenhafter Beteiligung der
Bauern 1848/1849 tatsächlich abgespielt hat, war das Thema dieses Abends.
Kotulla wies auf Ursachen hin, stellte Zusammenhänge her und schilderte die
Folgen der Ereignisse, „die trotz Rolle rückwärts bis in die heutige Zeit reichen“.
Er machte das weder dröge noch nach professoraler Art, sondern ließ in seinem
interaktiven Diavortrag Bilder nicht nur auf der Leinwand, sondern auch vor den
inneren Augen der Zuhörer entstehen. „So ist Geschichte spannend“, war in der
Pause aus dem Publikum zu hören, das sich bei einem kalten Büfett über den
Vortrag austauschen und mit dem Fachmann ins Gespräch kommen konnte.
Spannend war der Vortrag an diesem Abend tatsächlich – was nicht zuletzt an
der persönlichen Art des Professors und seiner Bereitschaft lag, ausführlich auf
die Fragen der Zuhörer einzugehen.
Worum es in seinem Vortrag genau ging ? In Nassau gärte es als unmittelbare
Folge der Februarrevolution von 1848 in Frankreich. Auch in Deutschland setzten
1848 revolutionäre Erhebungen ein – auch und nicht zuletzt im Herzogtum
Nassau. Am 1. März 1848 wurden bei einem Treffen im Wiesbadener Hotel „Vier
Jahreszeiten“ unter Federführung des liberalen Politikers August Hergenhahn
neun „Forderungen der Nassauer“ formuliert, nämlich: allgemeine
Volksbewaffnung, unbedingte Pressefreiheit, sofortige Einberufung eines
deutschen Parlaments, sofortige Vereidigung des Militärs auf die Verfassung,
Vereinigungsfreiheit, öffentliches und mündliches Strafgerichtsverfahren mit
Schwurgerichten, Klärung des Domänenstreits, neues Wahlgesetz und
Religionsfreiheit. Die Forderungen wurden am folgenden Tag bei einer
Volksversammlung verkündet und von Wiesbaden aus durch Flugblätter und
Mundpropaganda ins ganze Land getragen. Die Polizei griff nicht ein. Die
Obrigkeit schien gelähmt. Am 4. März musste Herzog Adolf die Forderungen vor
etwa 40 000 Menschen, die mit Äxten, Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen
eigens nach Wiesbaden geeilt waren, akzeptieren. Eskalation drohte, doch das
Militär hielt sich zurück.
Solche und ähnliche Informationen vermittelte Kotulla den Zuhörern auch im
weiteren Verlauf seines Vortrags: wortgewandt, lebendig, systematisch,
chronologisch und Schritt für Schritt, ohne die historischen, sozialen und
wirtschaftlichen Zusammenhänge außer Acht zu lassen. So entwickelte sich bei
den Zuhörern eine Vorstellung von den Ereignissen, angefangen beim Vormärz
bis zur „Landesherrlichen Proklamation vom 5. März“, mit der Herzog Adolph die
Einhaltung der Forderungen zusicherte.
Weitere Themen waren die Urwahlen und die Nationalversammlung am 18. April
1848 sowie die Deputiertenwahl am 1. Mai 1848 und schließlich das Aufflackern
der Revolution auf dem Land. Dabei wurde deutlich, dass es keine Zukunft ohne
die geistige Durchdringung der Vergangenheit geben kann und die Identität eines
Staatsvolkes auch durch die Geschichte begründet wird, weil seine Menschen
Antworten auf die Fragen suchen, woher sie kommen, wo sie stehen und wohin
sie gehen wollen. Karl-Heinz Wolter

RZ Rhein-Lahn-Kreis (West) Bad Ems vom Montag, 13. Mai 2019, Seite 10
E-Paper 13.05.19, 13)03
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